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Der massive EU-Zoll beim Zucker

Das Geschäft rund um Zuckersirup, speziell für die Gastronomie, bietet noch viel ungenutztes Potenzial. Gleichzeitig schützt die EU nach wie vor ihren Zuckermarkt.
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Das Geschäft rund um Zuckersirup, speziell für die Gastronomie, bietet noch viel ungenutztes Potenzial. Gleichzeitig schützt die EU nach wie vor ihren Zuckermarkt.

Hostettler-Spezialzucker AG produziert aus Rüben- oder Rohrzucker verschiedene Flüssigprodukte wie Invertzucker und Caramel und Caramelcouleur. Ein ausgeklügeltes Leitungs- und Lagersystem ermöglicht es, neben den selbsthergestellten Sirupen auch andere Flüssigzucker wie diverse Glukosen, Fructose, Sorbitol und Maltitol zu lagern. Abgepackt werden die Flüssigzucker dann vor Ort in IBC-Container, Bag-In-Boxen und Kanister.

Während unseres Besuchs bei Hostettler-Spezialzucker AG in Lenzburg stand uns Verkaufsleiter Urs Bieler für ein Interview über die Herstellung von Flüssigzucker zur Verfügung.

Herr Bieler, wie hat denn eigentlich das Geschäft mit dem Flüssigzucker für die Lebensmittelindustrie und Imkerei in der Produktion nebeneinander Platz?

Wir arbeiten diskontinuierlich mit Prozess-Tanks, die sowohl beheizt als auch gekühlt werden können. Die Herstellung von Caramel- und Invertzucker ist nach wie vor manuell, hier arbeiten wir aber auch auf automatische Prozesse hin, um schneller und effizienter produzieren zu können. Für Mischungen haben wir die meisten Zuckersirupe in Tanks gelagert und können entsprechend einfach dosieren. Der Flüssigzucker wird dann in IBC-Container, Kanister, Bag-In-Boxen oder Flaschen abgefüllt, je nach Kundenwunsch.

Und Ihr neues Produkt Liquiss?

Letztes Jahr haben wir ein ganzes Sortiment an Flüssigzucker unter der Eigenmarke «Liquiss» auf den Markt gebracht. Die Liquiss-Sirupe sind nicht für die Industrie, sondern für Restaurants, Backstuben, Grossküchen und Bars gedacht. Funktionelle Zuckersirupe wie Invertzucker, Rohrzucker, Glukose oder Caramel sind in der Gastronomie bekannt, werden aber oft aus Preisgründen arbeitsaufwändig selber hergestellt. Die Industrie ist da schon Jahre weiter. Das Sortiment soll auch mit Spezialprodukten, wie unserem Liquiss IceQuick, ergänzt werden. So ist zum Beispiel IceQuick eine optimale Flüssigzuckermischung, die es erlaubt, sehr schnell und unkompliziert ein feines Sorbet oder ein cremiges Vanille-Glacé professionell herzustellen.

Zum Thema EU? Drückt euch da nicht auch irgendwo der Schuh?

Die EU schützt das Kapitel Zucker und zuckerverwandte Produkte noch viel mehr, als dies die Schweiz tut. Selbst nach der Einführung des Mindestzollansatzes von Fr. 0,07/kg per 1. Januar zahlen wir beim Export für unsere Zuckersirupe immer noch fast 0,42 Cents, also fast sieben Mal mehr als umgekehrt. Pro Jahr liefert die EU 170 000 Tonnen Zucker und zuckeranverwandte Produkte (Glukosesirup, Dextrose, Maltodextrin etc.) in die Schweiz. Zurück gehen gerade mal 5000 Tonnen. Dieses krasse Handelsungleichgewicht verursacht einen hohen Marktdruck, der sich entsprechend auf die Zuckerpreise auswirkt.

Wenn die Schweiz den Zoll auf Zucker erhöht, wie dies anfangs Jahr geschehen ist, dann hilft das wohl den Schweizer Rübenbauern, die Zeche dafür zahlt die Schweizer Nahrungsmittelindustrie. Viel besser wäre, wenn wir mit der EU eine Lösung finden könnten, wie dieser massive EU-Zoll auf Schweizer Niveau gesenkt werden könnte. Unsere Export-Menge könnte auf die Höhe der EU-Importe kontingentiert werden. Das wäre eine faire Lösung, bei der meiner Meinung nach alle profitieren könnten, schlussendlich auch die schweizerische Landwirtschaft.

Aber es gibt ja noch die «Doppel-Null-Lösung» mit der EU …

Die Produkte, die wir produzieren, bleiben immer noch im Kapitel 17 unter «Zuckerarten» hängen, obwohl sie klar verarbeitet sind und funktionelle Eigenschaften besitzen. Solange wir noch im Kapitel 17 sind, können wir nicht von der Doppel-Null-Lösung profitieren. Selbst wenn wir zum Beispiel Deutschen Zucker zu Invertzucker verarbeiten und diesen wieder nach Deutschland re-exportierten, müssen wir beim Import in die EU den vollen Zoll von EUR 419 pro Tonne Trockensubstanz bezahlen. Ist das fair?