chevron_left
chevron_right

«Essen hat ganz viel mit Gewohnheiten zu tun»

Prof. Dr. Christine Brombach: Die Ernährungsspezialisten befasst sich mit dem Essverhalten anhand individueller Essbiografien und spricht über Prägungen und die Befähigung, sich gesund zu ernähren.
zVg

Prof. Dr. Christine Brombach befasst sich mit Essverhalten anhand individueller Essbiografien, aber auch mit den Folgen des Essverhaltens auf das Schweizer Agro-Food-System.

Frau Brombach, Sie befassen sich mit dem Thema Essverhalten und Essbiografien. Wie kam es dazu?

Während meines Studiums war ich in den USA und hatte im Anschluss die Gelegenheit, in einem Indianerreservat zu arbeiten. Und hier kam ich immer wieder auf die Frage zurück: Was essen diese Menschen, was essen sie nicht mehr? Wo kommt ihr Essverhalten her? Und: Was esse ich selbst? Diese Überlegungen haben mich dazu geführt, mich mit diesen Fragen tiefer zu beschäftigen. Zurück in Giessen, Deutschland, habe ich dann mit meiner Promotion begonnen zum Thema: Ernährungsverhalten von Frauen über 65. Hier habe ich über 60 Frauen befragt, die ursprünglich aus ganz unterschiedlichen Gebieten kamen, doch alle hatten schon 40 bis 60 Jahre im Rhein-Main-Gebiet gelebt. Und trotzdem, so das Ergebnis, haben sie ihre früheren Ernährungsweisen weitgehend beibehalten.

Und das Spannende, das ich jetzt sehe, ist: Sie haben dieses Verhalten auch an die nächste Generation weitergegeben. An diese Erkenntnis lassen sich nun viele Fragen knüpfen wie etwa: Was können wir tun, um Menschen besser dazu zu befähigen, sich gesünder zu ernähren? Was essen die Menschen, wenn sie älter werden? Das hat ja ganz viel mit der Lebensweise der Menschen zu tun – und diese wurzelt in der Biografie.

Die Familie ist somit eine der ersten Stellschrauben hin zu einem gesünderen Essverhalten?

Essen hat ganz viel mit Gewohnheiten, Habituation zu tun, was wir essen und auf welche Weise, was uns schmeckt, das erlernen wir. Ganz klar ist diese erste Lernphase des Menschen in der Familie somit ganz entscheidend und wenn man so will eine erste «Stellschraube», eine erste Prägung oder «framing», wie das die Psychologen nennen. Doch kommen gerade in unserer Gesellschaft immer mehr Kinder schon früh in Kitas und anschliessend in die Schule und werden dann auch in der Schule verpflegt. Daher haben wir auch in den Schulen zunehmend neben einem Bildungsauftrag einen Ernährungserziehungsauftrag. Das Thema «gesundes Essverhalten» lässt sich aber ohnehin nicht so isoliert betrachten.

Sondern?

Um im Verhalten der Menschen etwas verändern zu können, muss es ein gemeinsames Tun aller Akteure geben – und das sind neben den Familien auch Akteure aus Industrie, Wissenschaft bis zu Gesundheitsexperten, Konsumentenverbänden, Krankenkassen und auch die Politik. Sie sehen, wenn wir dieses Fass erst einmal öffnen, werden wir fast schon erschlagen von der Fülle an Zusammenhängen und wechselseitigen Einflüssen, die es bei der Ernährungsweise zu berücksichtigen und verstehen gilt. Damit das trotzdem überschaubar bleibt, müssen wir uns gleichzeitig stets besinnen auf sinnvolle Vorgehensweisen und Fragestellungen.

Lesen Sie das Interview in vollständiger Länge in unserer Printausgabe der Lebensmittel-Technologie (LT) Nr. 04_2018.

ZHAW Wädenswil
https://www.zhaw.ch/de/lsfm/institute-zentren/ilgi/