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Man ist, was man isst

Am 6. Oktober fand in Köln im Rahmen der Anuga unter anderem auch der Innovationsgipfel «Newtrition X» zur Personalisierten Ernährung statt. Die Veranstaltung, die vom Branchennetzwerk Foodregio e.V. in Kooperation mit der Messe entstanden ist, richtete sich mit zehn Expertenvorträgen vor allem an Entscheider aus der Lebensmittelindustrie.

Man ist, was man isst, aber es kommt nicht nur darauf an, was man isst, sondern auch, wer es isst. Verantwortlich dafür sind jene gut 0,3 Prozent des Erbguts, die sich von Individuum zu Individuum unterscheiden. Sie bestimmen Erscheinungsmerkmale wie Augen- und Haarfarbe. So können die einen Menschen den ganzen Tag Kaffee trinken, ohne dass es ihnen besonders viel ausmacht. Geht es nach den Genen, ist die allgemeine Empfehlung von vier bis fünf Tassen Kaffee pro Tag nur für einen Teil der Menschen in Ordnung. Für diejenigen, die aufgrund ihrer Genvariante Koffein im Körper nur langsam abbauen, kann diese Menge jedoch schon gefährlich werden: ihr Risiko für Herzerkrankungen nimmt deutlich zu. Auch die Nahrungsindustrie befindet sich laut den Referenten des Newtrition-Forum in Umbruch.

Interessant ist jedoch, was die Ernährungskonzepte für die Industrie bedeuten. Denn das Hauptaugenmerk liegt auf den Herausforderungen und den Möglichkeiten des Handels.

Roland Napierala, Business Development Manager bei Miele und Michael Haase, CEO und Gründer von der Koch-App Plant Jammer diskutieren unter anderem, welche Rolle die künstliche Intelligenz und intelligente Hausgeräte spielen. Die Plant Jammer App setzt dabei voll auf Gamification mit Gesundheitszielen wie Immunabwehr und Gewichtskontrolle. Dazu kann sich der Nutzer gesunde Zutaten wie Brokkoli, Bohnen oder Rosinen aussuchen, um ein Rezept zu finden, das zu den Gesundheitszielen passt. Für Miele könnte das Zukunftsszenario auf der Schiene der Personalisierten Ernährung auch so aussehen: Man fährt mit dem Auto nach Hause, während man einen Sprachassistenten wie Google Home danach fragt, was man heute kochen könnte. Der smarte Kühlschrank, ausgestattet mit Geruchs- und Bildsensoren, wird darauf antworten, dass man die noch guten Champignons riechen könne und aufgrund sonstiger  Zutaten wie Käse und Weisswein ein gesundes Pilz-Spargel-Risotto zum Ernährungsplan passen würde. Basierend auf den individuellen Ernährungszielen weiss der Nutzer so schon unterwegs, welche Zutat er sich auf dem Heimweg besorgen muss. Der Konsument wird quasi zum umweltbewussten «Ernährungs-Gamer» und mit täglichen Punkten zu seinen Ernährungszielen belohnt.

Der Kampf um die letzte Meile

Für Nick Holzherr, CEO of Whisk bei Samsung Next, ist es die Künstliche Intelligenz, welche dem Konsumenten letzten Endes zu den personalisierten Lebensmittelempfehlungen verhilft. Bei der Whisk-Plattform, welche von Samsung erworben wurde, handelt es sich um eine AI-getriebene Ernährungsplattform, mit der Benutzer nach Auswahlfaktoren wie Geschmackspräferenzen, Zeitbegrenzungen, Budgets, Wetterbedingungen und diätetische Beschränkungen sowie Allergien zu ihrer Mahlzeit finden. Das Spannende an dem Konzept: Sobald ein Benutzer ein Rezept zu seinem Essensplan hinzufügt, kann gleichzeitig ein Onlinewarenkorb bei einer der führenden Lebensmittelhandelsketten erstellt werden, damit man die richtigen Zutaten einkauft.

«Kochen zuhause ist aber anstrengend», sagt Nick Holzherr. Multiple Geräte in der Küche werden jedoch seiner Meinung nach die Industrie beflügeln. Auch sogenannte «Meal Kits», bei denen man die Komponenten zum Kochen gleich im Set kauft, könnten zum Handelstrend werden. Aber auch Meal Delivery von Dark Kitchens werde an Bedeutung gewinnen.

Von sogenannten «Dark Kitchens» spricht man bei völlig losgelösten Küchen, die etwa unter Stadtbrücken oder in Schiffscontainern ihre funktionale Einrichtung finden. Davon profitieren auch Lieferdienste oder die Begünstigten im Kampf um die letzte Meile. Ist beispielsweise die Nachfrage nach asiatischem Essen an einem Ort besonders hoch und das Angebot vergleichsweise klein, werden je länger je mehr auch die Dark Kitchens nach lokalen Ernährungspräferenzen aufgestellt.